Vergebung

 

Warum ist Vergebung so wichtig? Die meisten von uns tragen verborgenen Groll, Feindseligkeit und Enttäuschung in sich und schmieden immer wieder Rachepläne, meist nur in der Fantasie, aber am Ende verstärken sich doch nur unsere eigenen Schmerzen und Qualen. Wenn wir jedoch das alles loslassen, dann verlieren wir einen Teil unserer Selbst, oder nicht?
Wie kann ich vergeben, wenn mir ein Mensch Unrecht angetan hat? Das würde ja bedeuten, ich würde es für gut heißen, was er mir angetan hat?

Vergeben heißt, dass es nicht darum geht, wer Recht hat oder nicht. Vergeben bedeutet immer wieder, einen von Altem unbelasteten Raum zu schaffen – für den Anderen und sich selbst. Nur dann kann etwas Neues entstehen. Vergebung bedeutet erkennen und akzeptieren, dass etwas sehr schmerzhaftes geschehen ist – oder dir angetan wurde. Aber wenn du in der Lage bist, es danach loszulassen und in der Vergangenheit zu lassen, dort wo es hingehört, dann kannst du dich selbst heilen und in deinem eigenen Leben weitergehen.

Der einzige Weg zu wirklicher Heilung und innerem Frieden besteht darin zu vergeben. Solange wir nicht vergeben, bleiben wir in unserem Schmerz gefangen. Solange wir nicht vergeben, sind wir nicht frei. Wir bleiben an den Menschen gekettet, der uns Schaden zufügte. Wir sind durch Fesseln der Wut und Verbitterung an ihn gebunden, wir sind wie Gefangene.

Solange du an deiner Weigerung festhältst, dem Anderen zu vergeben, kann dieser sich nicht ändern. Und auch du bleibst blockiert. Der Andere ist dein Spiegel, ob dir das gefällt oder nicht. Er zeigt dir, was du in dir selbst nicht sehen willst oder kannst. Was du dem Anderen nicht vergeben kannst, kannst du dir selbst nicht vergeben.

Vergebung ist ein Prozess, der nicht einfach von heute auf morgen abgeschlossen ist.
Und dennoch, ja, Vergebung ist notwendig. Doch erzwungene Vergebung heilt nicht dein Herz. Jede Erfahrung in unserem Leben erzeugt Emotionen in uns. Wenn wir ungerecht behandelt werden, dann erzeugt dies Wut . Wenn wir verletzt werden, dann erzeugt dies Trauer und wenn uns jemand im Stich lässt, dann entsteht Enttäuschung in uns. Die Seele möchte in ihrer Vollkommenheit bleiben, in dem sie Emotionen erzeugt und als Menschen sind wir verletzt und diese Verletzung, diese emotionale Verletzung möchte genauso gelebt und erfahren werden, wie die Vergebung. Wichtig ist hier, das anerkennen und das annehmen von dem was passiert war – das, was falsch, unfair und unverdient war. Es ist richtig, darüber wütend zu sein. Und es ist vollkommen normal, dass wir es denen heimzahlen wollen, die uns Schmerz zugefügt haben. Aber Vergeltung befriedigt nicht. Wir erwarten, dass sie uns Genugtuung verschafft, aber das ist nicht der Fall.

Also noch einmal .. Vergebung kann nur dann wirklich stattfinden, wenn wir uns erlauben all die Emotionen, die in uns unterdrückt worden sind, all die Emotionen, die wir erfahren habe, auch wahrhaft einmal annehmen und erleben.
Vergebung braucht Zeit wie jeder tiefgreifende menschliche Prozess und ist mit einem Weg zu vergleichen, auf dem man nur Schritt für Schritt vorankommt.
Am Anfang steht die bewusste Entscheidung, dass wir jemanden der Absicht nach verzeihen wollen, auch wenn man noch unversöhnte Gefühle in sich spürt. Buddha sagte: „An Zorn festhalten ist wie Gift trinken und glauben, dass der andere daran stirbt“ – und genau diese Aussage trifft den Kern der Sache ganz genau – wenn wir auf jemand wütend sind und nicht vergeben können, dann schaden wir damit nur uns selbst und sonst niemandem.

  • Versuche, zu verstehen, warum die andere Person so gehandelt hat. Ziehe in Betracht, dass sie es nicht getan hat um dir wehzutun, sondern weil sie es nicht besser wusste.
  • Mache dir bewusst, dass Verzeihen nichts mit Schwäche zu tun hat und dass du deshalb noch lange nicht alles billigst. Aber, dass du es akzeptierst wie es war und um deiner selbst Willen bereit bist, es hinter dir zu lassen.


„Wenn du einem anderen Menschen vergibst, dann tust du dies deinetwegen und nicht weil er es verdient“ – Doris Wolf.

Vergebung erleichtert einem das Leben ungemein. So wie Kinder, die sich streiten, bald schon wieder miteinander spielen. Wir halten oft Jahre an dem fest, was uns angetan wurde.

Vergebung heißt, dass man aufhört, sich eine bessere Vergangenheit zu wünschen. – Jack Kornfield

12 Kommentare zu „Vergebung

  1. Ich kann Deinen Zeilen nur voll und ganz beipflichten. Habe meiner Freundin verziehen, die in einer ganz schwierigen Phase meines Lebens nicht mal Mitgefühl für mich aufbringen konnte. Natürlich war ich sehr verletzt und traurig, ja, und auch Groll verspürte ich zuweilen. Weil ICH immer loyal zu ihr gestanden bin. Eine Aussprache hat nichts gebracht und wir hatten fast ein Jahr keinerlei Kontakt. Ich konnte ihr aber von Herzen vergeben, habe sie mit allen guten Wünschen losgelassen – und wurde FREI. Nun, sie hat es gespürt, ist wieder auf mich zugekommen und wir haben vor kurzem einen Neuanfang gewagt. Mein Umfeld kann mich nicht wirklich verstehen! Für mich ist aber VERGEBUNG die Grundlage für ein glückliches Leben.

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    1. Schönes Beispiel liebe Ingeborg. Es ist ja immer eine Entscheidung die man jederzeit treffen kann..bleib ich in meinem Ärger oder lasse ich ihn gehn. Deine Freundin konnte wahrscheinlich zu dem Zeitpunkt aus was für Gründen auch immer,nicht aus ihrem Dilemma raus..Aber auch sie wird mittlerweile Entscheidungen getroffen und Dinge gelernt bzw verstanden haben. Ich finde das zeigt viel Größe von dir..weil du konntest vergeben und ihr sogar eine 2. Chance geben. Ich hab sowas ähnliches vor Jahren auch mit einer Freundin erlebt..und heute ist unsere Beziehung umso tiefer 💜

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      1. Momentan ist unsere Freundschaftsbeziehung sehr unverbindlich. Wie sich alles weiter entwickelt wird die Zeit zeigen. Aber es ist gut so wie es ist.

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  2. Hatte grad kommentiert dass ich den Text richtig gut finde .. jetzt ist der Kommentar weg😳
    Ich finde den Punkt wichtig, dass man nur vergeben kann, wenn man seine Verletzungen vollständig angenommen hat und die dazugehörigen Gefühle auch durchlebt hat.
    LG

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    1. Ich danke dir für deine Worte. Das annehmen ist überhaupt sehr wichtig weil, in dem man annimmt, was ist, verbindet man sich wieder mit der Gegenwart und das loslassen bzw das vergeben geht meist wie von selbst. LG

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  3. Vergebung ist einer der mächtigsten Waffen überhaupt. Sie stößt dich keineswegs in die Opferrolle, weil es mehr in die Heilung geht. Ich habe vergeben, um mich selbst von der Altlast zu befreien. Wurde ich von jemanden verletzt, so würde ich keineswegs mir Gedanken machen, wieso er oder sie es getan hat. Es ist passiert. Stattdessen blende ich disse negativen Vibes aus, bin dankbar für die Lektion um aufbauend darauf mit etwas Gutem und Neuem durchzustarten. Beste Grüße,

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